Bamberg erfleht im Dom eine Nacht lang den Frieden
Bamberg. Die unbegreiflichen Ereignisse vor der Haustür erschüttern: „Wir leiden mit den Menschen in der Ukraine mit und spüren die Angst, dass sich der Krieg ausweitet ins Inferno“, sagte Weihbischof Herwig Gössl im Gottesdienst am Samstagabend im Dom, mit dem die Gebetsnacht für Frieden und Einheit der Kirche eröffnet wurde. Ja, eine ganze Nacht lang, bis Sonntagfrüh um sechs Uhr, erflehte Bamberg den Frieden in der Ukraine, aber auch anderswo in der Welt.
Unter Federführung des bewährten Nightfever-Teams um Diözesanjugendpfarrer Norbert Förster gestalteten Jugendliche, junge Familien und Ordensschwestern die jeweiligen Gebetsstunden. „Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine belastet die Jugendlichen“, betonte Förster. Dass in Europa wieder ein Krieg möglich sein könne, sei bis vor kurzem unvorstellbar gewesen. Deshalb sei es auch ein besonderes Anliegen gewesen, den Frieden in der Welt in das Zentrum der Gebetsnacht zu stellen. Aber es wurde auch dafür gebetet, dass Reformen die Kirche so erneuern, dass „sie sich wieder darauf konzentrieren kann, die Frohe Botschaft zu verkünden“, so der Jugendpfarrer.
Der sehr gut besuchte Auftaktgottesdienst berührte zutiefst. Ernst, getragen war die Stimmung. Die Frage: „Gott, wo bist du in diesem Krieg?“ bewegte. Weihbischof Gössl versuchte eine Antwort: „Es ist einzig der Glaube, der Blick auf Jesus Christus, der Licht in die Finsternis bringen kann. Er ist das Licht, das die Welt erhellt, das von der Finsternis nicht verschluckt wird.“
So manche Träne floss, als der Männerchor Kirchenlieder aus der byzantinischen Liturgie auf Ukrainisch sang. Es waren Seminaristen aus dem Eichstätter Collegium Orientale, einem ökumenischen internationalen Studienkolleg für die Ausbildung von Priesteramtskandidaten aller Ostkirchen. Der ukrainische griechisch-katholische Priester Miroslaw Lopuch hatte diesen Chor vermittelt und zelebrierte die Eucharistiefeier mit dem Weihbischof, dem Jugendpfarrer und Domvikar Michael Dotzauer andächtig mit. Lopuch vertritt derzeit den eigentlichen Pfarrer der Bamberger ukrainischen Gemeinde, Andrii Khymchuk, der nach einem nur kurz gedachten Heimatbesuch in der Ukraine dort festsitzt. Wie alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren darf der 34-Jährige nicht aus Lemberg (Lviv) ausreisen.
In dem nach der Messe nur von Kerzenlicht erhellten Dom verharrten viele Gläubige vor dem ausgesetzten Allerheiligsten in der Monstranz auf dem Altar. „Gott, zeige dich denen, die im Krieg oder auf der Flucht um ihr Leben kämpfen. Gott, wirke Frieden!“ drang eine zu Herzen gehende Bitte gen Himmel. Die Gestalter der Gebetsstunden waren sich einig mit Bohdan Dzyurakh, griechisch-katholischer Bischof für die Ukrainer in Deutschland und Skandinavien, der bei der kürzlichen Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Vierzehnheiligen dabei war. Der Bischof, selbst Mitglied der DBK, hatte dort in einem Pressegespräch gesagt: „Das Gebet ist die stärkste Waffe, die wir dem Krieg entgegensetzen können, dürfen und sollen!“
Auch Erzbischof Ludwig Schick unterstützte die Anliegen der Gebetsnacht. „Als Christen müssen wir uns für den Frieden einsetzen, sowohl in der Welt als auch in unserem privaten Umfeld“, sagte er. Und fügte hinzu: „Finden werden wir den Frieden aber nur, wenn wir in Liebe aufeinander zugehen und dem anderen nicht immer das Schlechteste unterstellen.“