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Schnappschuss im Welterbe

Bamberger Dom
Datum:
Veröffentlicht: 15.1.14
Von:
Sabine Hölscher

Ein paar Gedanken zum beliebtesten Fotomotiv der Stadt

Als ich dieser Tage meine Schreibtischablage gründlich durchgesehen habe, ist es mir wieder in die Hände gefallen. Ein Magazin, das ich im vergangenen Jahr dort abgelegt hatte. Sehr interessant, gut gemacht, das „uni.vers“ der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, hier die Ausgabe vom Mai 2013. Darin ein Artikel der Kulturinformatiker, eine geoinformatische Analyse touristischer Fotos aus Bamberg, Titel „Schnappschuss im Welterbe“.

Als ich dieser Tage meine Schreibtischablage gründlich durchgesehen habe, ist es mir wieder in die Hände gefallen. Ein Magazin, das ich im vergangenen Jahr dort abgelegt hatte. Sehr interessant, gut gemacht, das „uni.vers“ der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, hier die Ausgabe vom Mai 2013. Darin ein Artikel der Kulturinformatiker, eine geoinformatische Analyse touristischer Fotos aus Bamberg, Titel „Schnappschuss im Welterbe“.

Ein kurzer Blick auf die Website des Lehrstuhls informierte mich: „Unsere Lehrangebote und Forschungsprojekte befassen sich mit Fragestellungen der Kulturinformatik, d.h. der Angewandten Informatik der Kulturwissenschaften. Am Lehrstuhl entstehen zum Beispiel Informationssysteme für die Baudenkmalpflege, für die Kulturgeographie oder für die Kommunikationsforschung.“ Mein Interesse ist geweckt und ich fange an, den Artikel genauer zu lesen. Sogleich werde ich auch dafür belohnt, denn ich erfahre, dass der Bamberger Dom die größte „Fotoattraktivität“ in Bamberg hat. Ich erfahre noch viel mehr, denn gefragt wurden Tagestouristen in Bamberg im Sommer 2011, um Daten über ihr „touristisches Explorationsverhalten“ zu erhalten. Was das ist? Das sind, so ist zu lesen, Entscheidungsprozesse, die jeder Tourist in einer ihm unbekannten Stadt zu durchlaufen hat. Anders gesagt, die Fragen, was sehe ich mir an, was wähle ich aus, wäre ich ein Fremder in der Stadt? Dazu wurden damals Besucher vor der Touristeninformation angesprochen. Teilnehmen konnte jeder, der „zum ersten Mal in Bamberg war und plante, mindestens zwei Stunden in der Stadt zu verbringen“. Die Teilnehmer bekamen eine Digitalkamera und ein GPS-Logger. Und dann wurden sie losgeschickt, Bamberg wie geplant zu besuchen und dabei Fotos zu machen. Ich kürze ab. Ich erzähle Ihnen gleich die Ergebnisse und vielleicht vergleichen Sie diese mit Ihren eigenen Erfahrungen, die Sie hier gemacht haben: Im Durchschnitt dauerte ein Besuch etwas mehr als 200 Minuten, dabei wurden ungefähr 5.500 Meter zurückgelegt und etwa 60 Fotos aufgenommen. Anhand der GPS-Bewegungsspuren konnte man die Aufenthaltsdauer an „touristisch interessanten Punkten“ in der Stadt ermitteln. Dadurch wurde die Beliebtheit einzelner „Punkte“ anhand der aufgenommenen Fotos und auf der Grundlage der dort verbrachten Zeit ermittelt. Wobei in der Rangordnung die Verweildauer nicht gleich mit am meist fotografiert bedeutet. Kurz gesagt, Fotopopularität und Verweildauer sind zu unterscheiden! Also, so ist der Dom zwar das beliebteste Fotomotiv in der Stadt, aber bei der Verweildauer nur auf Platz 2. Beim Alten Rathaus verhält es sich genau umgekehrt und so lässt sich die Liste bis Rang 10 fortsetzen. Es wurde noch einiges mehr herausgefunden, was ich hier aber nicht verraten will, denn den Rest kann man ja schließlich selbst nachlesen (Schlieder, Christoph und Kremer Dominik: Schnappschuss im Welterbe, Geoformatische Analyse touristischer Fotos aus Bamberg, in: uni.vers, Mai 2013, 42 – 45).

Nun, die Autoren zielen auf bessere Empfehlungssysteme für Touristen, um die ungleiche Popularität verschiedener „Punkte“ dahingehend zu verändern, dass man auch auf wenig nachgefragte Orte hinweist. Das klingt gut, Bamberg ist (fast) überall schön, aber hätte ich nur 200 Minuten zur Besichtigung einer Stadt, ich würde mich auch an der Hauptachse der Sehenswürdigkeiten entlang hangeln. Und in Bamberg ganz klar auf dem Domberg landen.

Was habe ich nun neues aus dem Aufsatz erfahren? Nun, es gibt einen Lehrstuhl für Geoinformatik in Bamberg. Und das dieser für mich interessante Studien vor Ort unternimmt. Was ich allerdings schon vorher aus einer vorangegangenen Befragung wusste, war, dass der Dom das beliebteste Fotomotiv in der Stadt ist. Und der Ort, den jeder Fremde mit Bamberg vom Hören her kennt und verbindet (auf Platz zwei landete übrigens bei der damaligen Analyse ebenfalls das Alte Rathaus und auf Platz drei der Bamberger Reiter im Dom).

Nun, wenn Sie schon einmal Zeit hatten einen Nachmittag am Domplatz zu verbringen, dann wissen Sie, wovon ich spreche. Leider haben wir keine Eisdielen und Cafés am Domplatz, die der Erholung dienen und helfen würden, die Verweildauer mit jener am Rathaus auch noch zu schlagen und dann wären wir hierin guten Gewissens ebenfalls auf Platz eins gelangt! Würde mir das wirklich gefallen? Nein, eher nicht. Mir würde stattdessen gefallen, wenn man im Dom qualitativ gute Zeit verbringen würde. Nicht nur als „Hopper“ kurz rein und schnell wieder raus, eben nach dem Motte „Ich war dort!“ Es kann ein Gewinn sein, ein paar Minuten während des Mittagsgebetes da zu bleiben. Oder vielleicht sogar einen Gottesdienste zu besuchen. Einfach zur Ruhe zu kommen und abzuschalten. Wer hätte das nicht einmal bei einem Sightseeing-Marathon nötig, vor allem dann, wenn sich (m)ein Bambergbesuch auf 200 Minuten im Durchschnitt reduziert hat. Na ja, vielleicht hilft auch die Perspektive auf ein Wiederkommen. Dann mit mehr Zeit, denn, was die Forscher bei ihrer Untersuchung der Erstbesucher nicht berücksichtigen konnten und daher auch nicht gefragt haben, war, wie oft denn die übrigen, anderen Gäste schon Bamberg besucht hatten? Da wären sie vielleicht erstaunt gewesen, denn die Antworten sind klar, bezogen auf die Häufigkeit eines Bambergbesuchs, Stichwort „Wiederholungstäter“. Wer einmal hier war, der kommt wieder, denn der Dom hält ein für unsere Augen unsichtbares „Geheimnis“ versteckt und dafür ist er tatsächlich sogar „legendär“: Hätten Sie es gewusst? Unter ihm ist ein Magnet verborgen und der holt jeden irgendwann einmal wieder zurück! Da bleibt mir nur noch zu sagen: Auf Wiedersehen, im Bamberger Dom! Hoffentlich mit ein bisschen mehr Zeit.